Fluorchinolone sind hochwirksame Antibiotika und spielen eine zentrale Rolle bei der Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen. Allerdings sind diese Antibiotika mit teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden, wie z. B. Sehnenentzündungen, kardialen Erkrankungen und neuropsychiatrischen Störungen. Einige dieser Nebenwirkungen können langanhaltend oder sogar irreversibel sein. Im Rahmen eines europäischen Risikobewertungsverfahrens wurden die Anwendungsbereiche von Fluorchinolonen im Jahr 2019 erheblich eingeschränkt. In den folgenden Jahren wurden mehrere sogenannte Rote-Hand-Briefe veröffentlicht (1).
In einer Kurzanalyse wurde untersucht, ob infolge der ergriffenen Maßnahmen eine Reduktion der Fluorchinolonverschreibungen beobachtet werden konnte. Grundlage der Analyse waren die GKV-Routinedaten aus dem anonymisierten Datenpool (aDP) der GWQ. Es wurden Versicherte mit mindestens einer Fluorchinolonverschreibung pro Jahr analysiert. Darüber hinaus wurde untersucht, ob Versicherte mit einer kodierten Diagnose unterer Harnwegsinfekt (Zystitis) im selben Quartal auch eine Verschreibung von Fluorchinolonen erhielten. Wenn im selben Quartal eine weitere Infektion oder eine andere Erkrankung diagnostiziert wurde, die zu einem komplizierten Verlauf führen könnte, wurden diese Versicherten ausgeschlossen (2, 3).
Der Anteil der Versicherten, die innerhalb eines Jahres mindestens eine Verschreibung von Fluorchinolonen erhielten, ist seit 2016 deutlich zurückgegangen. Auch der Anteil der Versicherten mit Fluorchinolonverschreibung und Harnwegsinfekt im selben Quartal ist gesunken (siehe Abbildung 1) und wurde seit 2016 um ungefähr zwei Drittel reduziert. Jedoch werden immer noch an fast 12 Prozent der Versicherten mit einem unkomplizierten, unteren Harnwegsinfekt im selben Quartal auch Fluorchinolone abgegeben.
Der deutliche und konstante Rückgang der Fluorchinolonabgaben seit 2019 lässt den Schluss zu, dass die Informationen der Rote-Hand-Briefe für die Ärzteschaft zu einer Reduktion der betreffenden Wirkstoffe beigetragen haben. Mehrere Stoffe aus der Gruppe der Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin) sind als Reserveantibiotika gelistet (essential medicinces) (4), sodass auch in Zukunft weitere Maßnahmen zur Förderung der Sensibilität beim Einsatz von Fluorchinolonen notwendig bleiben.
Abbildung 1: Relativer Anteil von Versicherten mit Harnwegsinfekt und Fluorchinolonverschreibung im selben Quartal an Versicherten mit Harnwegsinfekt
Literatur
- BfArM. Fluorchinolone: Schwere und langanhaltende Nebenwirkungen im Bereich Muskeln, Gelenke und Nervensystem [Internet]. [zitiert 8. Januar 2025]. Verfügbar unter: https://www.bfarm.de/
- Arens BL Helmut; Wolf, Alissa; Hennig, Beata; Marschall, Ursula; Nachtigall, Irit. Antibiotikaverordnungsraten bei ambulant behandelten Infektionen der oberen Atemwege anhand von Routinedaten einer deutschen Krankenkasse. Gesundheitswesen [Internet]. 2024/05/07 Aufl. 24. Juli 2024;(EFirst). Verfügbar unter: http://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-2321-8275
- Maike S, Kern W, Ramona H, Schulz M, Bätzing J. Antibiotikaverordnungen in der ambulanten Versorgung in Deutschland bei bestimmten Infektionserkrankungen. Teil 2 – Krankheitsspezifische Analyse von Qualitätsindikatoren auf regionaler Ebene. www.versorgungsatlas.de. 20. Juni 2014;2014:1–25.
- WHO. WHO Model Lists of Essential Medicines [Internet]. 2023 [zitiert 14. Januar 2025]. Verfügbar unter: https://www.who.int/