Die primärärztliche Versorgung nimmt einen besonderen Stellenwert in unserer Gesundheitsversorgung ein. Für ein funktionierendes Gesundheitswesen ist es essentiell, die primärärztliche Versorgung zukunftsfest zu machen. Der Weg dorthin ist allerdings noch lang und mit einer Reihe von Hürden versehen, wie die Vorträge und Diskussionen auf dem diesjährigen GWQ-Symposium am 09.10.2024 in Berlin zeigten. Rund 80 Teilnehmer:innen kamen in der Landeshauptstadt zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen in der primärärztlichen Versorgung auszutauschen.
Anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Hausarzt+ Vertrages, ein Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV), wurde auf dem Symposium auch ein Blick zurück – auf den Beginn der HzV – geworfen und aufgezeigt, wie weit wir in Deutschland in der primärärztlichen Versorgung eigentlich schon gekommen sind. GWQ-Vorstand Dr. Johannes Thormählen erinnerte an den Beginn der HzV. Eine Zeit, in der das Konzept „Hausarztzentrierte Versorgung“ aufgrund von ideologischen Gräben zwischen Krankenkassen und Ärzteschaft zu scheitern drohte. Heute, 10 Jahre später, können wir sagen die hausarztzentrierte Versorgung ist ein Erfolg! Doch, so mahnten Dr. Thormählen und im Folgenden auch Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes e.V., es ist nicht an der Zeit sich auf den bisherigen Erfolgen auszuruhen, sondern das Hausärzt:innen und Krankenkassen auch weiterhin Hand in Hand arbeiten müssen, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Um die Frage „Wie kann die primärärztliche Versorgung zukunftsfest gemacht werden?“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beantworten, lud die GWQ vier Keynote Speaker:innen ein.
Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse und Aufsichtsratsvorsitzende der GWQ, und Prof. Dr. Thomas Kühlein, Direktor Allgemeinmedizinisches Institut Universitätsklinikum Erlangen, zeigten beispielsweise auf, dass Über- und Unterversorgung in der primärärztlichen Versorgung kein Widerspruch sind, sondern sich vielmehr gegenseitig beeinflussen. „Die Zukunft liegt in qualitätsorientierten Patientenpfaden und deshalb kann die gemeinsame Gestaltung der primärärztlichen Versorgung der Gamechanger sein“, so Dr. Demmler. „Ein Vorhaben das nur gelingen kann, wenn die vorhandenen Ressourcen des Systems auch effizient genutzt werden“, führte Prof. Dr. Kühlein weiter aus, der in seinem Vortrag darauf verwies, wie wichtig die Rolle der evidenzbasierten Medizin als Maß für eine richtige Versorgung im Kontext der Über- und Unterversorgung ist und wie wichtig es wäre, ihre oft falsch verstandenen Prinzipien endlich zu lehren und umzusetzen.
Im dritten Impulsvortrag nahm Dr. Jana Husemann, Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Hamburg, das Publikum mit in die Praxis von morgen, in der Digitalisierung und KI Einzug genommen haben und Avatare Hausärzt:innen in der Versorgung Tag für Tag unterstützen. Sie zeigte beispielsweise wie KI in Gestalt eines Avatars bei sprachlichen Barrieren unterstützen kann.
Zuletzt beleuchtete Dr. Stephan Pilsinger, Mitglied des deutschen Bundestages, die gesundheitspolitische Situation rund um die primärärztliche Versorgung. Er kritisierte unter anderem die bürokratischen Hürden, die durch die Hausärzt:innen bei der Übernahme einer Praxis überwunden werden müssen. Des Weiteren sprach er sich für die Entbudgetierung der Hausärzt:innen aus.
Den Abschluss des Symposiums bildete eine lebhafte Diskussionsrunde, in der die Teilnehmenden sowie Zuhörer:innen ihre Visionen zur Zukunft der primärärztlichen Versorgung austauschen konnten. Klar wurde auch hier, wie wichtig gute und vertrauensvolle Beziehungen im Gesundheitswesen sind, um die „Patient Journey“ von Grund auf neu zu denken, und damit den zukünftigen Zugang zu einer zielgerichteten, qualitativ hochwertigen und flexiblen Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Die Digitalisierung nimmt hierbei, unter der Voraussetzung von guten Rahmenbedingungen, eine Schlüsselfunktion ein. Einige Impulse wurden später in anregenden Gesprächen am Abend noch einmal aufgegriffen und vertieft.
Dr. Thormählen: „Das Hausarzt+ Symposium 2024 war ein großer Erfolg. Dieser sektorenübergreifende Austausch ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren, zukunftsorientierten primärärztlichen Versorgung und mehr Gesundheit in Deutschland.“