08.09.2016

Zytostatika: Endlich Standards für die Versicherten

Zahlen beweisen: Ausschreibung verbessert Versorgungsqualität

 

Laufende Ausschreibungen einiger Krankenkassen für Zytostatika-Rezepturen rufen derzeit Sorgen bei Apothekern und Leistungserbringern hervor. Die hochwertige Versorgung der Patienten müsse vor wirtschaftlichen Überlegungen der Krankenkassen stehen. Zahlen des Kassen-Dienstleisters GWQ zeigen: Erst durch standardisierte Verträge mit den herstellenden Apotheken kann die Versorgungsqualität verbessert und langfristig gesichert werden.

 

Zytostatika sind Medikamente gegen Krebs, die häufig in Rezepturen für jeden Patienten individuell zusammengestellt werden. Wirkstoffe in den Rezepturen weisen oft nur eine geringe Haltbarkeit auf – weswegen eine schnelle Lieferung und damit möglichst die nahe gelegene Herstellung wichtig sind. Entgegen anderslautenden Aussagen sind diese essenziellen Voraussetzungen heute sehr oft nicht gegeben. Zudem belastet der unwirtschaftliche Versorgungsprozess die Solidargemeinschaft. Zahlen der GWQ (Marktanteil: 11 Prozent) beweisen den akuten Handlungsbedarf:

 

  • 43 Prozent aller Zytostatika-Rezepturen werden heute nicht in der Apotheke hergestellt, die diese am Ende auch gegenüber den Krankenkassen abrechnet. Das bedeutet, diese Rezepturen werden in der Regel bei größeren Apotheken oder spezialisierten Herstellbetrieben produziert, die normalerweise nicht in der direkten Nachbarschaft der Apotheken angesiedelt sind.

  • Bei 12,7 Prozent aller belieferten Rezepturen liegt die Entfernung über 40 km, was regelhaft zu Belieferungen von über einer Stunde führt.

  • In Bayern liegt der Anteil der Rezepturen, die von Apotheken in mehr als 100 km entfernte Arztpraxen geliefert werden, sogar bei über 30 Prozent.

  • Besorgniserregende Lieferzeiten von über drei Stunden und mehr sind keine Seltenheit.

 

 

Die GWQ ServicePlus AG hat im Zeitraum Juni bis August 2016 eine bundesweite Ausschreibung für Zytostatika-Rezepturen nach § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V durchgeführt. Diese Ausschreibung verfolgt drei Ziele:

 

  1. Standards in der Versorgungsqualität einführen: Dazu gehören u.a. eine Vorgabe der maximalen Lieferdauer, eine verpflichtende Abstimmung zwischen Apotheke und Onkologen sowie ein verpflichtendes Informationsblatt, das über mögliche Nebenwirkungen aufklärt. Diese Vertragsinhalte sind neu und bisher auf dem Markt nicht existent.
  2. Regionale Versorgung sichern: In der GWQ-Ausschreibung wurde das Bundesgebiet in 324 Gebietslose aufgeteilt. Damit wird eine wohnortnahe und regionale Versorgung gewährleistet und gleichzeitig eine große Anbietervielfalt sichergestellt. Dies wird zusätzlich auch durch eine Loslimitierung gewährleistet (maximal acht Lose pro Bieter). Die ebenfalls häufig von Kritikern ins Feld geführte „drohende Gefahr einer Oligopolisierung“ ist durch die Gestaltung der Ausschreibung zu bezweifeln.
  3. Einsparpotenziale für die Versichertengemeinschaft heben: Nur durch eine exklusive Ausschreibung können maximale Einsparungen für die Versichertengemeinschaft erzielt werden, da der nun steigende Wettbewerbsdruck dafür sorgt, dass große Teile der durch die herstellenden Apotheken generierten Einkaufsvorteile an die Krankenkassen weiter gegeben werden. Die Bündelung bei einem Vertragspartner pro Gebietslos führt weiterhin dazu, dass dieser durch die steigenden Absatzmengen auch weiterhin gute bzw. sogar bessere Einkaufskonditionen generieren kann. Ein weiterer Wirtschaftlichkeitseffekt wird erwartet, indem ebenfalls durch die Volumenbündelung ein Rückgang kostenintensiver „Verwürfe“ verzeichnet werden kann.

 

Dr. Johannes Thormählen, Vorstand der GWQ: „Die Qualitätsvorgaben der GWQ-Ausschreibung setzen erstmals bundesweite Versorgungsstandards. Die hohe Intransparenz und die fehlenden Standards haben es einzelnen Marktteilnehmern bislang ermöglicht, zusätzlich zur Pauschalvergütung hohen Profit zu machen. Wie aus einigen Medienberichten zu entnehmen war, scheint das System in seiner bisherigen Form anfällig für Korruption zu sein. Im Rahmen unserer Ausschreibung ändern wir das endlich. Profitieren werden am Ende die Versicherten: Sie können sich auf eine qualitative Versorgung verlassen und profitieren von zusätzlichen Leistungen wie patientenverständlichen Informationsblättern. Profitieren wird auch die Solidargemeinschaft, der Einsparpotenziale nicht länger vorenthalten werden. Auf bestehende Pfründe und Besitzstandswahrung können und dürfen weder GKV noch Politik Rücksicht nehmen.“


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