19.06.2018

Aktuelle Debatte ohne Substanz


Kein Zusammenhang zwischen Rabattverträgen und Lieferengpässen

Am 20. und 21. Juni treffen sich die Gesundheitsminister der Länder (GMK) und beraten unter anderem darüber, ob die Lieferfähigkeit von Arzneimitteln durch Rabattverträge zwischen Pharmaherstellern und Krankenkassen bedroht ist. Rabattverträge sollen für lebenswichtige Arzneimittel grundsätzlich hinterfragt werden, hieß es im Vorfeld. Anlässlich dieser Diskussion erklärt Oliver Harks, Bereichsleiter Einkaufsmanagement der GWQ ServicePlus AG: „Diese Debatte ist eine Scheindebatte, die bei Versicherten Ängste schürt, in der Realität aber keinerlei Substanz hat.“

Die GWQ verhandelt seit mehr als zehn Jahren Rabattverträge für mittelständische Krankenkassen. „Unsere Erfahrung zeigt eines ganz klar: Es gibt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Rabattverträgen auf der einen und Lieferengpässen von Arzneimitteln auf der anderen Seite. Fakt ist: Von 30,6 Millionen abgegebenen rabattierten Packungen haben uns Apotheken in 2017 nur 1,4 Prozent als `nicht lieferfähig´“ gemeldet“, so Harks. In diesen Fällen erhielten die Versicherten der GWQ-Kassen ein nicht-rabattiertes wirkstoffidentisches Präparat. Zusätzlich lohnt ein Blick in das Melderegister über Lieferdefekte vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Mit Stichtag zum 5. Juni 2018 umfasst diese Liste 72 Lieferdefekt-Meldungen. Von über 6.000 Arzneimittelpackungen, die die GWQ zu diesem Stichtag als rabattiert gemeldet hat, findet sich genau eines auf der Liste wieder. Zu diesem Arzneimittel sind bioäquivalente Produkte im Handel verfügbar, so dass ein Versorgungsengpass für Versicherte der Partnerkassen der GWQ ausgeschlossen ist.

Lieferengpässe sind nachweislich im Rabattvertragsmarkt kein Problem. Etwas anders sieht es im stationären Sektor aus: „Insgesamt beobachten wir Lieferengpässe eher bei intensivmedizinischen Wirkstoffen, wie speziellen Antibiotika oder Onkologika, die im Kliniksektor verwendet werden. Hauptursachen hierfür sind unter anderem technische Probleme im Produktionsablauf, Nicht-Verfügbarkeit von Rohstoffen zur Wirkstoffsynthese oder fehlende Chargenfreigaben aufgrund einer Nichterfüllung von Qualitätskriterien“, sagt Harks. Auch könne es zu Verzögerungen oder Intransparenz in der Distributionskette kommen. „Wir müssen Lieferengpässe an dieser Stelle sehr ernst nehmen und ein Frühwarnsystem einrichten. Dieses muss eine rechtzeitige Prognose liefern, ob sich ein Lieferengpass zu einem kritischen Versorgungsengpass entwickeln kann. Mehr verpflichtende Transparenz über Lagerbestände auf allen Distributionsstufen kann hier eine wirksame Maßnahme sein“, führt Oliver Harks aus.

Die aktuell diskutierten Vorschläge wie verpflichtende Mehrpartner-Modelle, Abnahmegarantien für Pharmahersteller oder Ausnahmeregelungen für bestimmte Arzneimittelgruppen sind für den stationären Sektor ohne Relevanz bzw. nicht zielführend für die dortige Problematik. In der ambulanten Versorgung hingegen, also im Rabattvertragsmarkt, gibt es faktisch keine kritischen Versorgungsengpässe. Die Vorschläge verfolgen einzig das Ziel, Rabattverträge immer weiter auszuhöhlen, wie das bei Zytostatika und Impfstoffen bereits gelungen ist. Den Versicherten bringt diese Diskussion keinerlei Mehrwert. Was den Versicherten einen echten Mehrwert bringt, sind die über 4 Milliarden Euro Einsparungen, die die gesetzliche Krankenversicherung über Rabattverträge in 2017 realisieren konnte.


Zur Übersicht