06.11.2012

Lob fürs GWQ-Geschäftsmodell – aber kein „Ja“ zu mehr Selektivverträgen

3. Berliner Symposium der GWQ 

Die Anerkennung des Geschäftsmodells der GWQ ServicePlus AG kam passend zum 5. Geburtstag des Unternehmens aus berufenem Munde: Als privatwirtschaftlich organisierter GKV-Dienstleister werde die GWQ den Kassen helfen, so fast wortgleich der stellvertretende Vorstandvorsitzende des GKV- Spitzenverbands und der für Krankenkassen zuständige Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium, weitere Wirtschaftlichkeitsreserven in der Gesundheitsversorgung zu erschließen. Offen ließen Johann-Magnus Frhr. von Stackelberg und Dr. Ulrich Orlowski allerdings, wann die GWQ auch grünes Licht zur Bearbeitung weiterer Geschäftsfelder erhalten wird: Sie bezogen ihre Aussagen allein auf den Arzneimittelmarkt, die Frage, ob und wann die Politik Instrumente z. B. für Selektivverträge in der Krankenhausversorgung bereit stellt, blieb auf dem 3. Berliner Symposium der GWQ unbeantwortet.

Auch die auf Einladung der GWQ geschlossen erschienenen Vertreter der Spitzenverbände der pharmazeutischen Industrie – die GWQ ist immerhin der nach Versichertenzahlen drittgrößte Vertragspartner der Arzneimittelhersteller – versuchten nicht, die Einsparungsbemühungen der GKV durch Verweis auf andere Einsparungsmöglichkeiten auf neue Felder zu lenken. Sowohl Birgit Fischer vom vfa, Dr. Norbert Gerbsch vom BPI und Bork Bretthauer von Pro Generika e.V. konzentrierten sich auf den Versuch, Schwächen des AMNOG und von Rabattverträgen aufzuzeigen; allerdings ohne den erklärten Leidensdruck und die düstere Perspektive der Arzneimittelhersteller durch Zahlen oder praktische Beispiele zu belegen.

Dementsprechend leicht fiel es den Herren von Stackelberg und Orlowski, die bisherigen Erfolge des noch jungen AMNOG herauszustellen, das ja seine volle Wirkungskraft noch nicht habe zeigen können. Dessen Notwendigkeit unterstrich auch GWQ-Vorstand Dr. Johannes Thormählen, der darauf hinwies, dass Hürden wie Nutzenbewertungen neuer Medikamente nicht zuletzt notwendig seien, weil die Industrie eben nicht darauf verzichte, Analog- oder Mee-Too-Präparate auf den Markt zu bringen. Die hätten zwar keinen nennenswerten Zusatznutzen, würden aber die Kosten nach oben treiben. Bei diesen Präparaten, so auch Prof. Eberhard Wille, bis vor kurzem Vorsitzender des Sachverständigenrats zum Gesundheitswesen, gäbe es heute die größten Einsparungsmöglichkeiten innerhalb der Arzneimittelversorgung.

Obwohl das 3. Berliner Symposium der GWQ noch keinen Weg zu neuen Geschäftsfeldern aufzeigte: Die mittelständischen Krankenkassen als Gründer, Eigner und Kunden des Unternehmens setzen darauf, dass ihr Dienstleister mittelfristig auch für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit in ambulanter und stationärer ärztlicher Versorgung sorgen wird. Die Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Gertrud Demmler, Vorstand der SBK, erklärte in ihrem Einleitungsvortrag, dass die GWQ die Erwartungen ihrer Gründer schon jetzt weit übertroffen habe; sie werde deshalb auch in Zukunft einen maßgeblichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittelständischer Kassen leisten. Aber dafür – wie für das Erschließen neuer Geschäftsfelder – brauche man verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen; bislang sei die Handlungsfähigkeit der Kassen durch die unklare Rechtssituation stark eingeschränkt.

Nicht zuletzt deshalb bleibt auch die von Prof. Heinz Lohmann skizzierte Entwicklungsperspektive für die GWQ (oder vergleichbare Dienstleister) auf absehbare Zeit Zukunftsmusik: Lohmann erwartet, dass zwischen Kassen auf der einen und Leistungsbringern auf der anderen Seite eine neue Funktionsebene eingezogen wird, die von, wie er es nannte „Gesundheitsveranstaltern“ besetzt werden dürfte. Ähnlich wie Reiseveranstalter, so Prof. Lohmanns Analogie, die Urlaubssuchenden bedarfsgerechte Leistungspakete zusammenstellen, könnten spezialisierte Dienstleister den Kassen indikationsspezifische Versorgungspakete anbieten.

Für solche Pakete würden die „Veranstalter“ mit ausgewählten Leistungserbringern Verträge schließen, die den Kassen qualitätsgesicherte Lösungen mit verlässlichen Kalkulationsgrundlagen eröffnen, und es den Versicherten ersparen, sich auf gut Glück durch den immer undurchsichtigeren Dschungel medizinischer Angebote zu schlagen. „Das wäre für die GWQ wie für unsere Kunden ein sehr interessanter Ansatz“, kommentiert Dr. Johannes Thormählen den Gedanken, „aber angesichts der Trägheitskräfte in der Gesundheitspolitik keine Option für die absehbare Zukunft.“

Die GWQ ServicePlus AG ist ein von Betriebskrankenkassen gegründetes Dienstleistungsunternehmen. Sie versteht sich als Gemeinschaft mittelständischer Krankenkassen, für die sie innovative Lösungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung entwickelt. Die Verträge und Dienstleistungen der GWQ können von allen Krankenkassen als Aktionärs- oder Kundenkasse in Anspruch genommen werden.


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