14.12.2016

Zyto-Verträge entlasten Solidargemeinschaft mit 700 Mio. Euro

Versicherte profitieren von Qualität und Wirtschaftlichkeit, aber „Korrekturen“ des Gesetzgebers könnten dies bald untersagen

Schnellere Lieferung, höhere Qualitätsstandards, hohe Kostenersparnis – die Versorgung mit Zytostatika über Ausschreibungen zu regeln, bringt den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) deutliche Vorteile gegenüber dem bestehenden Verfahren. Ein Stopp der Ausschreibungen, wie er im Kabinettsentwurf zum Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) vorgesehen ist, würde die Versicherten 700 Mio. Euro kosten, rechnet die Gesellschaft für Wirtschaftlichkeit und Qualität bei Krankenkassen (GWQ) vor. Der Vorschlag, den Krankenkassen statt Ausschreibungen die Möglichkeit zu Rabattverträgen mit der Industrie einzuräumen, ermöglicht nur einen Bruchteil dieser Ersparnis.

Die GWQ hat im Zeitraum Juni bis August 2016 eine bundesweite Ausschreibung für Zytostatika-Rezepturen durchgeführt. Auf Grundlage der Ausschreibungsergebnisse ermittelt sie ein Potenzial für Einsparungen in Höhe von rund 700 Mio. Euro jährlich für die gesamte GKV. Zum Vergleich: Die Einsparungen, die durch die Preisverhandlungen im Rahmen des AMNOG-Prozesses im Jahre 2015 erzielt wurden, beliefen sich auf insgesamt 800 Mio. Euro. Damit entlasten die Ausschreibungen die Solidargemeinschaft in ähnlicher Höhe.

Aber genau das will der Gesetzgeber nun verbieten. Denn zukünftig soll es keine Möglichkeit für Krankenkassen mehr geben, wirtschaftliche Einzelverträge mit Apothekern abzuschließen. In der Gesetzesbegründung steht als Grund, dass „ Patienten darauf vertrauen können, dass die an ihrer Versorgung beteiligten Heilberufe gut zusammenwirken.“ Der Gesetzgeber glaubt darin sogar „überragende Gründe für das Gemeinwohl“ zu erkennen. „Realitätsfern“, bezeichnet dies Dr. Johannes Thormählen, Vorstand der GWQ. „Denn faktisch gibt es gar keine freie Apothekenwahl, da der Onkologe und nicht der Patient die Entscheidung über die Apotheke fällt. Außerdem gibt es keine Evidenz, dass die Versorgung mittels unserer Kooperationsapotheken negative Folgen auf das Zusammenwirken der Heilberufler haben könnte.“

Die GWQ hat vor Kurzem im Rahmen der ersten exklusiven bundesweiten Ausschreibung zur Belieferung von Zytostatika-Rezepturen durch öffentliche Apotheken Verträge mit 116 einzelnen Apotheken sowie 31 Bietergemeinschaften im gesamten Bundesgebiet geschlossen. Die erste Tranche ist Anfang Dezember 2016 gestartet. Durch die Verträge konnten verbindliche Qualitätsnormen eingeführt und dadurch der Belieferungsradius dramatisch reduziert werden.

Dr. Thormählen: „Wie sollen denn Heilberufler zusammenwirken, wenn sie zwei Autostunden voneinander entfernt sind? Dass hier etwas nicht zusammenpasst, will in Berlin anscheinend niemand zur Kenntnis nehmen.“

Dass die vom Gesetzgeber mit Recht geforderte „möglichst friktionsfreie“, also nahtlose, Versorgung mit den exklusiven Apotheken-Verträgen wahrlich keine Utopie ist, zeigen auch die ersten Erfahrungen der GWQ, denn seit dem 01.12. sind viele Verträge gestartet. „Wir sind mit dem Vertragsstart sehr zufrieden“ berichtet Thormählen. Die intensive Vorbereitungsphase, die auch umfassende Informationsmaßnahmen der beteiligten Heilberufler beinhaltete, habe sich ausgezahlt.

Thormählen warnt explizit vor den geplanten gesetzgeberischen Einschränkungen: „Der aktuelle Gesetzentwurf belastet völlig unnötig das Solidarsystem und schadet den Versicherten, die am Ende die Zeche zahlen dürfen“.

Fazit der GWQ: Zytostatika-Ausschreibungen funktionieren und bringen den Versicherten erhebliche Vorteile. Thormählen: „Der Gesetzgeber muss sich nun entscheiden: Stärkt er das Wohl der Solidargemeinschaft oder stützt er das alte bestehende unwirtschaftliche und intransparente System“? 
 
Einsparungen aus der GWQ-Ausschreibung 

 
 
Die GWQ ServicePlus AG ist ein von Betriebskrankenkassen gegründetes Dienstleistungsunternehmen. Sie versteht sich als Gemeinschaft mittelständischer Krankenkassen, für die sie innovative Lösungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung entwickelt. Die Verträge und Dienstleistungen der GWQ können von allen Krankenkassen als Aktionärs- oder Kundenkasse in Anspruch genommen werden.


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