04/18 | 2. Hilfsmittel-Forum der GWQ ServicePlus AG zu Innovationen auf dem Markt: Digitalisierung, neue Technologien und ein scharfer Preiswettbewerb


Der Hilfsmittelmarkt bleibt in Bewegung, und zwar in jeder Hinsicht. Das zeigten die Vorträge auf dem 2. Hilfsmittel-Forum der GWQ am 18. September in Düsseldorf, die sich mit den Themen Innovation, Digitalisierung, gesetzliche Rahmenbedingungen und Konsequenzen des zunehmenden Wettbewerbs beschäftigten. Deutlich wurde, welche Chancen es für mehr Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der Hilfsmittelversorgung gibt; aber auch, vor welchen Herausforderungen und Hürden Kassen wie Vertragspartner aktuell stehen.

Verändern wird sich der Markt in erster Linie durch neue technologische Möglichkeiten. So wird die Entwicklung von neuen oder verbesserten Produkten möglich, mit denen der oft sehr spezielle Versorgungsbedarf der Versicherten optimal erfüllt werden kann. Beispielhaft dafür sind mithilfe von 3-D-Druckern produzierte Schäfte für Prothesen, die auf jeden Patienten maßgeschneidert werden. Erfunden hat diese Lösung Philipp Barluschke, der das Start-up BaluParts 3D gegründet hat, weil er als Prothesenträger mit den bis dahin existierenden Produkten nicht zufrieden war.

Digitale Technologien werden auch für schnellere und einfachere Prozesse beim Hilfsmittelmanagement sorgen und damit den Verwaltungsaufwand für Kassen und Vertragspartner vereinfachen. Hierbei können Unternehmen wie die GWQ eine Schlüsselrolle übernehmen, erläuterte Dorothee Bitters, Leiterin des GWQ-Hilfsmittelmanagements. Der GWQ-Vertragsmanager sei ein großer, aber nur erster Schritt in diese Richtung. Um die digitalen Möglichkeiten auszuschöpfen, fehle es jedoch noch an einheitlicher Datenqualität und standardisierten Datenschnittstellen.

Beim Thema Innovationen sind deshalb auch die Vertragspartner gefordert, nicht nur in Bezug auf die Prozesse. Allerdings warnte Klaus-Jürgen Lotz als Präsident des Bundesinnungsverbandes Orthopädietechnik vor zu hohen Erwartungen in Punkto Innovationstempo. Einerseits verlaufe die Verbreitung von Technologien wie 3-D-Druck oder Digitalscans derzeit langsamer als von vielen Seiten vorausgesagt. Andererseits kritisierte er die enge Zeitschiene zur Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses. Durch den gesetzlich vorgegebenen Zeitdruck, das gesamte Hilfsmittelverzeichnis bis Ende 2018 zu überarbeiten, würden Stellungnahmen der Leistungserbringer nicht ausreichend berücksichtigt.

Dieser Einschätzung widersprach Gernot Kiefer, als Vorstand beim GKV Spitzenverband für Hilfsmittel zuständig. Die abgeschlossene Aktualisierung sei nur der erste Schritt. Das Hilfsmittelverzeichnis werde künftig - und anders als bisher - im 5-Jahres-Rhythmus aktualisiert; vor allem aber könnten Innovationen mit echtem Zusatznutzen auch in der Zwischenzeit aufgenommen werden, wenn die Hersteller den Mehrnutzen neuer Produkte gegenüber dem aktuellen Stand der Technik belegen können.

Spannend dürfte werden, welche Hersteller hier Richtung und Tempo bestimmen. Der Leistungserbringermarkt stehe vor ganz entscheidenden Veränderungen, erklärte Frank Altmeyer, der als Experte Prognosen zu künftigen Entwicklungen des Homecare Marktes erstellt. Zumindest für dieses Segment prognostizierte er einen harten Preis- und damit Verdrängungswettbewerb. Letztlich käme es wohl zu einer Konzentration weniger Großunternehmen, die sich von Hilfsmittelspezialisten zu Logistikern wandeln würden. Weil die Standardversorgung bis zu 90 Prozent des Geschäfts ausmache, sei Prozessoptimierung hier wichtiger als Produktinnovation. Was wiederum zu Einschränkungen bei Qualität und Service führen dürfte.

Das Hilfsmittelmanagement der GWQ wird sich laut GWQ-Bereichsleiter Einkaufsmanagement Oliver Harks mit noch mehr Flexibilität auf die zunehmende Innovationsgeschwindigkeit einstellen, dabei aber immer die Gesundheits- und Lebensqualität der Versicherten im Blick haben. Was nicht heißt, dass alles Neue auch ins Hilfsmittelverzeichnis gehört. GWQ-Vorstand Dr. Johannes Thormählen illustrierte dies in einer Podiumsdiskussion am Beispiel neuer, digital gestützter Verfahren zur Blutzuckermessung. Aus seiner Sicht ein für die Versicherten durchaus praktisches Produkt, aber ohne Mehrwert für die Versorgungs- oder Ergebnisqualität. Die Messmethode erhöhe lediglich den Komfort für die Versicherten - ein notwendiges Hilfsmittel im Sinne des SGB sei es damit nicht.

Für die Gäste des Forums dürfte am Ende der Veranstaltung die Erkenntnis geblieben sein, dass die Hilfsmittelversorgung der Zukunft mehr denn je ein fachlich qualifiziertes Management mit guter Marktkenntnis benötigt. Das erfordert allein die regelmäßige Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses, die künftig auch zusätzlich „außer der Reihe“ durchgeführt wird, denn für neue Produkte gilt es, klare Qualitätsstandards und versichertenorientierte Serviceangebote zu definieren. Auch die Vorteile der Digitalisierung von Prozessen kommen Krankenkassen nur dann zu Gute, wenn sie bzw. ihre Dienstleister die Entwicklung aktiv und konstruktiv vorantreiben. Benötigt werden zudem Prozesse und Methoden, um die Abläufe auf dem in vielen Bereichen kleinteiligen Hilfsmittelmarkt weiter zu vereinheitlichen und zu beschleunigen.

Schließlich – und besonders wichtig – gilt es, eine am Versichertenbedarf ausgerichtete Qualitätsphilosophie zu entwickeln und in Verträgen entsprechend umzusetzen. Wenn es, wie auf dem Forum vorausgesagt, auf der Anbieterseite zu einem Verdrängungswettbewerb über den Preis kommt, drohen Qualitätsverluste. Die Folge wären Versorgungsdefizite oder Zuzahlungen seitens der Versicherten. Beides ist mit dem Leistungsversprechen der GWQ-Kundenkassen nicht vereinbar, umso wichtiger ist es, dass die Verträge des GWQ-Hilfsmittelmanagements entsprechende Standards festschreiben.

Das nächste Hilfsmittel-Forum wird zeigen, wie stark der Markt tatsächlich in Bewegung gerät und wie erfolgreich die Managementinstrumente auf Seiten der GKV dann sein werden.


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