Seit Jahren wird von unterschiedlichen Stakeholdern im Gesundheitssystem immer wieder der Vorwurf an die gesetzlichen Krankenkassen gerichtet, dass Rabattverträge Schuld an einer massiven Verlagerung der Wirkstoffproduktion nach China und Indien (und damit einhergehender aktueller Lieferengpässe) seien.
Unhaltbare These
Daten des European Directorate for the Quality of Medicine & HealthCare liefern jedoch einen eindeutigen Beleg, dass die These nicht haltbar ist. Die Entwicklung der Anzahl aktiver Hersteller:innen wurde von ProGenerika, dem Verband der Generika- und Biosimilarunternehmen in Deutschland, bereits in der Wirkstoffstudie 2020 ausgewertet (s. Grafik).
Deutlich ist zu erkennen, dass seit Mitte der 90er Jahre eine massive Ausweitung der Produktionskapazitäten in Asien stattgefunden hat. Bereits im Jahr 2003 überflügelt die asiatische Produktion die Anzahl der europäischen Wirkstoffhersteller:innen. Seit dem Jahr 2012 haben sich die Verhältnisse kaum mehr geändert.
Rabattverträge entfalteten ihre Wirkung hingegen erst mit Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes ab April 2007. Die Verpflichtung zu europaweiten Ausschreibungen wurde sogar erst mit der 16. AMG-Novelle im Mai 2013 im Gesetz verankert.
Fazit
Dr. Barthold Deiters, Member of Executive Board, Pharmaceuticals, der GWQ: „Die Daten sind eindeutig. Die Verlagerung der Wirkstoffproduktion ist vornehmlich dem globalen Bestreben der Industrie geschuldet, im hochkompetitiven Generikamarkt möglichst kostengünstig zu produzieren. Rabattverträge in Deutschland haben damit schlicht rein gar nichts zu tun“.
1) Anzahl aller Hersteller mit validen CEPs im jeweiligen Kalenderjahr für die betrachteten APIs (Hersteller mit ausschließlich abgelaufenen/zurückgezogene CEPs sind bereits ausgeschlossen)
Quelle: Certificate Database, European Directorate for the Quality of Medicine & HealthCare, Stand 30.04.2020